05 Zeit- und Kostenersparnis bei der Aufnahme und Dokumentation von HF-Messungen mit Spektrumanalysatoren

Software sichert und dokumentiert zahlreiche EMV Messungen

Die Entwicklung von elektronischen Baugruppen ist heutzutage geprägt von starker Kostenminimierung und damit einhergehendem Zeitdruck für den Entwicklungsingenieur. Im Verlauf der Entwicklung eines Produktes sind meist Messungen mit einem Spektrumanalysator notwendig. Ein nicht unerheblicher Arbeitsaufwand besteht im intensiven Analysieren und genauen Dokumentieren von Messungen mit einem Spektrumanalysator. Besonders erheblich ist der Aufwand beim Vergleich der Spektren von Vorher-Nachher Messungen. Diese Aufgabe gilt es zum Beispiel im Teilbereich der EMV-Störaussendung häufig zu lösen. Hier sollen Frequenzbereiche von gemessenen Nahfeldern und die Baugruppenmodifikation im Anschluss miteinander verglichen werden. Im folgenden Artikel soll mit Hilfe einer Software anhand von Entstörungsmaßnahmen aus der EMV Praxis gezeigt werden, dass der Aufwand erheblich reduziert werden kann, wodurch Messungen effizienter werden und Zeit und Kosten gespart werden können.

Bild 1 Messaufbau am Arbeitsplatz des Entwicklers zur entwicklungsbegleitenden Messung und Optimierung der Störaussendung einer Automobilbaugruppe

Die Einhaltung bestimmter Normen bezüglich hochfrequenter Störemissionen wird im Rahmen der Entwicklung in einem EMV Labor geprüft. Überschreiten die Störemissionen festgelegte Grenzen in der Fernfeldmessung, muss die elektronische Baugruppe auf die auffälligen Störfrequenzen hin analysiert und modifiziert werden. Dieser Prozess von Prüfung und Modifikation wird unter Umständen mehrmals durchgeführt, bevor alle Störfrequenzen die in den Normen vorgegebenen Grenzwerte nicht mehr überschreiten.

In den letzten zehn Jahren konnte der Aufwand des Entstörprozesses und dadurch viel Zeit und hohe Kosten für wiederholte Prüfungen im EMV Labor vor allem durch die Entwicklung von Nahfeldsonden und kleinen geschirmten Kabinen für den Arbeitsplatz des Entwicklers (Schirmzelt) erheblich reduziert werden. Nahfeldsonden ermöglichen die Messung der lokalen elektrischen und magnetischen Felder auf den elektronischen Baugruppen am Arbeitsplatz. Somit ist eine Analyse der im Fernfeld auftretenden Störfrequenzen auch im Nahfeld möglich und es lassen sich die für die Störaussendung verantwortlichen Komponenten rasch finden. Ein Schirmzelt ist eine Voraussetzung für aussagekräftige Nahfeldmessungen, indem es elektromagnetische Störungen vom Messaufbau abschirmt. Die Nahfeldmessungen erfassen die durch die Baugruppe direkt und indirekt verursachten Störemissionen. Im ersten praktischen Beispiel dieses Fachartikels wird auf eine Störaussendungsanalyse mit Nahfeldsonden eingegangen.

Ein weiterer erheblicher Zeitfaktor ist der Vergleich und die Dokumentation von entwicklungsbegleitenden HF-Messungen. Besonders bei der Verwendung von kapazitiven Touchs kommt es zu erheblichen unerwünschten Störaussendungsproblemen. Im zweiten praktischen Beispiel dieses Fachartikels wird kurz darauf eingegangen, wie ein kapazitiver Touch weitestgehend störungsfrei arbeitet und auch bestimmte Normen bezüglich hochfrequenter Störemissionen eingehalten werden. Hier wird im Rahmen der Entwicklung mit einer Boardnetznachbildung die Störaussendung geprüft. Überschreiten die Störemissionen festgelegte Grenzen, muss die Baugruppe analysiert und verbessert werden.

Auf den ersten Blick ist eine weitere Zeit- und Kostenreduktion zum Beispiel des Entstörprozesses mit Nahfeldsonden kaum möglich. Dabei hat man bisher den Aufwand des Entwicklungsingenieurs für die schnelle und effektive Analyse von Vergleichsmessungen vor und nach der Baugruppenmodifikation und deren Dokumentation außer Acht gelassen. So lassen sich zum Beispiel die Messreihen verschiedener Baugruppenmodifikationen nur sehr aufwendig miteinander vergleichen, da die zur Messung der Störfrequenzen eingesetzten Spektrumanalysatoren für gewöhnlich nur einen Bildexport des angezeigten Spektrums ermöglichen. Weiterhin ist zum Beispiel die Dokumentation der Bildexporte in einem zusätzlich verwendeten Dokumentationsprogramm meist sehr aufwendig. In diesem müssen die Bildexporte zusammen mit allen händisch übertragenen Messparametern und den jeweiligen Beschreibungen des Messaufbaus dokumentiert werden. Diese exemplarisch aufgeführten Probleme und weitere methodische Schwachstellen reduzieren die Arbeitseffizienz des Entwicklungsingenieurs erheblich.

Dokumentation von HF-Messungen mit Nahfeldsonden

Im Folgenden wird an zwei Beispielen die Funktion der Software beschrieben. Im ersten Beispiel überschreitet ein Mikrocontrollerboard bei Prüfmessungen zur Normkonformität im EMV Labor die festgelegten Störaussendungsgrenzen deutlich. Zurück an seinem Arbeitsplatz hat der Entwickler nun die Aufgabe, die auffälligen Störfrequenzen zu reduzieren. Zum einen müssen also die Bauteile gefunden werden, die zu den auffälligen Frequenzen der Störaussendung führen. Zum anderen sollen effiziente Maßnahmen gefunden und angewendet werden, um die Störfrequenzen zu reduzieren. Kontrollmessungen sollen im Anschluss den Erfolg der Maßnahmen sichtbar machen. Zum Zwecke der weiteren Analyse des genauen Ursprungs der Störfrequenzen wird das Mikrocontrollerboard in eine ihrem Einsatzumfeld möglichst entsprechende Anordnung innerhalb eines Schirmzelts gebracht (Bild 1). Das Schirmzelt, mit einer Dämpfung von ca. 50 dB, unterbindet Störfrequenzen anderer Geräte, wodurch einzig die Störemissionen des Mikrocontrollerboards untersucht werden. Die leitungsgebundenen Zuführungen, wie Stromversorgung und Kabel zur Übertragung der Messergebnisse werden über die Filter der Groundplane des Schirmzelts geführt. Weil für die Entstörung des Mikrocontrollerboards viele Mess- und Modifikationsschritte erforderlich sind, ist es von Vorteil, wenn der Entwickler am eigenen Arbeitsplatz zusammenhängend arbeiten kann und wenn der Zugang zum Prüfling auch während der Messungen direkt und ständig gegeben ist. So kann der Entwickler auch während einer Messung direkt auf den Prüfling zugreifen. Durch diesen Zugriff wird es möglich, die Veränderung der Störaussendung auf einfache Manipulation hin zu untersuchen (Bild 1).

Im ersten Schritt wird mit einem Stromwandler Vergleichsmessungen mit dem Spektrumanalysator an dem Mikrocontrollerboard durchgeführt, um die in der Fernfeldmessung aufgetretenen Störfrequenzen nachzuweisen.

Normalerweise erfolgt diese Erfassung des Ausgangszustands mit mehreren Softwareprodukten wie der Aufnahmesoftware des Spektrumanalysators, einer Dokumentationssoftware und gegebenenfalls einer Bildverarbeitungssoftware zur Bearbeitung der aufgenommenen Spektren. Der Umstand, die Messdaten und die zugehörige Dokumentation innerhalb der verschiedenen Programme manuell zu übertragen, wäre bei der Aufnahme von wenigen Spektren vielleicht vertretbar. Bei einer komplexen Analyse einer Störquelle und deren Auskopplungspfade kommen schnell sehr viele Spektren zusammen, wodurch der Aufwand eine nachvollziehbare Dokumentation (Protokoll) zu erstellen auf mehrere Stunden steigen kann. Betrachtet man, dass die Messung und Dokumentation nach jeder Modifikation ebenfalls notwendig ist, steigt der Aufwand nochmals erheblich.

Die Software ChipScan-ESA umgeht diesen Aufwand komplett, indem es die drei Softwareprodukte (Aufnahmesoftware des Spektrumanalysators, Dokumentationssoftware und Bildbearbeitungssoftware) in einer einzigen Software vereint. Die direkte Steuerung des angeschlossenen Spektrumanalysators ermöglicht die Aufnahme der Spektren per Mausklick. Das aufgenommene Spektrum lässt sich sofort mit dem nötigen Dokumentationstext versehen. Entsprechend kann der Entwickler ohne Umwege eine Vielzahl von Spektren aufnehmen und gleichzeitig dokumentieren, und spart dabei sehr viel Zeit.

In den weiteren Messschritten wird mit verschiedenen Nahfeldsonden die Quelle der Störfrequenz eingekreist und genau lokalisiert. Dazu werden die Nahfeldsonden von Hand über das Mikrocontrollerboard geführt. Gedreht und gewendet, um die Position und Ausrichtung der Störfelder zu ermitteln. Mit diesem Wissen verschafft sich der Entwickler ein ziemlich genaues Bild der EMV-Verhältnisse auf dem Mikrocontrollerboard. Im Fall unseres Mikrocontrollerboards zeigen Messungen mit Nahfeldsonden an verschiedenen Positionen, dass die Quelle der Störfrequenzen vom Mikrocontroller selbst stammt. Mit der entsprechenden speziellen Nahfeldsonde können das Pin und die Ader des Flachbandkabels genau herausgefunden werden (Bild 2).

Bild 2 Erfassung des um den untersuchten Pin kreisende Störmagnetfeld mit der Nahfeldsonde RF-U 2,5

Das interne Taktsignal wird über eines der Pins und über das angeschlossene Flachbandkabel ausgekoppelt (Bild 3).

Bild 3 Gefundene Fehlerursache: erhöhte HF-Auskopplung aus Pin 13 (rot) in die angeschlossene Flachbandleitung. Alle anderen Pins besitzen diese Auskopplung nicht (Beispiel: Pin 12, blau).

Text zur Messung am Pin 13 aus Messprotokoll: Pin 13 HF Strom im Pin 13 mit Nahfeldsonde RF-U 2,5 gemessen, enthält hohe Anteile der Vielfachen des Prozessortaktes im Bereich bis 300 MHz, Ursache für Störauskopplung

Text zur Messung am Pin 12 aus Messprotokoll: Pin 12 HF Strom im Pin 12 mit Nahfeldsonde RF-U 2,5 gemessen, enthält wesentlich weniger Störungen.

Mögliche Maßnahmen für die Entstörung wären: das Flachbandkabel räumlich anders zu verlegen. Bestenfalls in die Innenlagen der Leiterkarte des Mikrocontrollerboards und somit gleichzeitig zu schirmen. Weiter soll das Flachbandkabel so kurz wie möglich sein und wenn es außerhalb verlegt werden muss, dann möglichst mittig auf dem Mikrocontrollerboard. Den für die Auskopplung verantwortlichen Pin kann man als weitere Möglichkeit zur Entstörung mit einem HF-Filter versehen. Aufgrund des geringen Aufwands und der dadurch niedrigen Kosten wurde zur Entstörung des Mikrocontrollerboards der HF-Filter eingesetzt.

Im Anschluss an die Durchführung der Entstörungsmaßnahme wird die Messung mit dem Stromwandler erneut durchgeführt, um den Nutzen der Maßnahme auf ihre Effektivität bezogen auf den entsprechenden Frequenzbereich genau zu prüfen. Treten andere Störfrequenzen über dem Grenzwert auf, muss erneut mit Nahfeldsonden deren Ursache gefunden und die entsprechende Problemlösung herausgefunden werden. Oft ist es der Fall, dass durch die erste Störaussendungsquelle überlagerte Störfrequenzen nach der Problemlösung sichtbar werden.

Ein Vergleich der einzelnen Spektren der Messungen ist auf dem konventionellen Weg zeit- und kostenintensiv. Zum Beispiel ist der Vergleich von Papierausdrucken der exportierten Bilder des Spektrumanalysators durch bloßes 'Nebeneinanderhalten' aufwendig und fehleranfällig. Mit diesem Verfahren können die Spektren nicht genau genug übereinander gelegt werden. Ein Foliendruck der Bilder umgeht zwar den Nachteil, treibt aber die Kosten bei vielen Spektren in die Höhe. Mit Hilfe von Bildbearbeitungssoftware und einer halbtransparenten Darstellung der Spektren können die Bilder direkt am PC verglichen werden. Jedoch ist diese Lösung zeitaufwendig und nicht weniger umständlich, wenn es um den Vergleich mehrerer Spektren geht.

Bild 4 Benutzeroberfläche von ChipScan-ESA mit der Darstellung mehrerer nacheinander gemessener Spektren

Mit Hilfe von ChipScan-ESA können beliebig viele Spektren in einem einzigen Diagramm blitzschnell direkt miteinander verglichen werden (Bild 4). Die Färbung einzelner Spektren, die Einblendung der Annotation zu der einzelnen Kurve und das Fenster für alle Annotationen im Diagramm schafft zusätzliche Übersichtlichkeit. ChipScan-ESA ermöglicht ebenfalls die Spektren verschiedener überlappender Frequenzbereiche zu vergleichen und zudem beliebig in die Diagrammansicht hinaus und hinein zu zoomen. Mit dem Mauszeiger direkt am Spektrum werden die Messwerte genau angezeigt und können abgelesen werden.

Dokumentation von HF-Messungen mit einer Boardnetznachbildung

Als zweites praktisches Beispiel dient hier die Messung an einem Boardnetzanschluss eines kapazitiven Touchs. Die Verwendung von kapazitiven Touchs in den Produkten der Elektronikindustrie ziehen Störaussendungsprobleme nach sich. Aufgrund ihrer Funktionsweise geben die kapazitiven Touchs hochfrequente elektrische Felder in ihre Umgebung ab. Als Nebeneffekt können diese hochfrequenten elektrischen Felder andere Geräte beeinflussen. Die besonders schwer zu beherrschenden Grenzwertüberschreitungen entstehen hauptsächlich im Frequenzbereich 150 KHz bis 5 MHz bei EMV-Messungen mit der Boardnetznachbildung. Wenn der kapazitive Touch an das Boardnetz eines Automobils angeschlossen ist, werden Störungen über den Kabelbaum in das Fahrzeug geleitet.

Bild 5 Messergebnisse von der Messung der Touch-Baugruppe mit der Boardnetznachbildung NNB 21, dargestellt in der Mess- und Dokumentationssoftware ChipScan ESA

Die Wirkung von im Fachartikel nicht beschriebenen EMV-Maßnahmen sind in der Elektronik praktisch umgesetzt und wiederum mit einer Boardnetznachbildung gemessen. Im Bild 5 sind die Messergebnisse in der Software ChipScan-ESA dargestellt. Die blaue Kurve zeigt die Baugruppe ohne EMV-Maßnahmen. Die Pegel der einzelnen Harmonischen sind am höchsten. Die EMV-Maßnahmen sollen diese Pegel verringern. Die rote Kurve zeigt die Wirkung einer Drossel von 10 µH in der Zuleitung der Elektrode eines kapazitiven Touchs. Es tritt eine Absenkung um ca. 10 dB ein. Bei der Grundschwingung ist keine Änderung erkennbar. Das kann daran liegen, dass die Drossel 10 µH zu klein dimensioniert ist. Oder es liegt noch ein weiteres EMV-Problem vor, das durch die Drossel nicht beseitigt wird.

Die grüne Kurve zeigt die Wirkung einer Masseverbindung von der Touch-Baugruppe zum Chassis. Dabei war die Masseverbindung als breitflächig kurze Verbindung ausgeführt. Mit dieser Maßnahme wird bei den Harmonischen eine Absenkung von > 20 dB erreicht. Je dünner und länger diese Verbindung ist, umso weniger Wirkung hat sie. Wenn die Verbindung im Querschnitt und Länge der Verbindung zur Boarndnetznachbildung entspricht, wird eine Absenkung von ca. 6 dB erreichbar sein.

Die mit dem roten Kreis kenntlich gemachte Grundschwingung von 100 kHz entstammt nicht alleinig vom elektrischen Feld aus der Elektrode des Touchs. Sie wird durch Netzrückwirkungen hervorgerufen. Der Versorgungsstrom des Treibers der HF-Spannung wird auf dem Weg zum Boardnetz nicht genug abgefiltert. Der Netzfilter des Boardnetzanschlusses der Touch-Baugruppe ist nicht ausreichend dimensioniert.

In beiden Beispielen ist gut die effiziente Vergleichbarkeit verschiedener Messreihen mit einem Spektrumanalysator sichtbar und nachzuvollziehen.

Zusatzfunktionen der Mess- und Dokumentationssoftware

ChipScan-ESA bietet zusätzlich mathematische Operationen (Addition, Glättung, ...), um Spektren weiterer Analysen zu unterziehen. Damit lassen sich zum Beispiel Hüllkurven für die Analyse von Frequenzüberschreitungen generieren. Zudem können aktuelle Einstellungen des Spektrumanalysators gespeichert und beim Fortsetzen der Messung zu einem späteren Zeitpunkt im Spektrumanalysator gesetzt werden. Ebenfalls lassen sich beliebige Diagramme für Präsentationen als Bildformate exportieren.

Zum Abschluss der Störaussendungsanalyse lassen sich alle Spektren zusammen mit der zugehörigen Dokumentation in eine einzige Datei speichern, die für weitere zukünftige Analysen herangezogen werden kann.

Kombiniert ermöglichen alle Funktionen von ChipScan-ESA eine sehr einfache und effiziente Analyse und Dokumentation von Störaussendungsproblemen oder anderer HF-Messungen mit dem Spektrumanalysator.