Im Automobilbau werden zur Ermittlung der IC EMV Eigenschaften bevorzugt HF-Messverfahren verwendet. In der Automatisierungstechnik beschäftigt man sich stärker mit Burst- und ESD-Störimpulsen. In der hier vorgestellten Untersuchung werden zwei HF-Messinstrumente verglichen.
Neben der alt bekannten TEM-Zelle ist die IC-Streifenleitung im Gespräch Bild 1a und 1b. Beides sind Geräte mit denen die Störaussendung und die HF Störfestigkeit von IC bewertet werden können. Beide Geräte sind quasi koaxiale 50 Ohm Systeme. Eine koaxiale Leitung mit 50 Ohm Wellenwiderstand wird zu einer Messkammer ausgeweitet. Am zweiten Anschluß, dem Ende der Messkammer befindet sich ein Abschlusswiderstand. Auf den Schirmmantel der Messkammer wird im Inneren der Test-IC angeordnet. Der Innenleiter des koaxialen Systems ist zu einer Fläche ausgeweitet Bild 4. Über diese Fläche, dem Septum wird über die Koaxiale Zuleitung HF zum einkoppeln geleitet. Oder Umgekehrt, das Septum empfängt die Störfelder des IC und leite HF Signale über die Koaxiale Leitung an einen Spektrumanalysator. Wenn die Kammer zur Beeinflussung genutzt wird, erzeugt die über die Zuleitung eingespeiste HF ein elektrisches und magnetisches Nahfeld Bild 2c und 2d. Das magnetische Nahfeld wird vom Strom erzeugt, das elektrische Nahfeld von der Spannung des Septums zum Schirmgehäuse. Die Felder wirken auf den Test IC ein und können ihn beeinflussen.
Umgekehrt kann der IC elektrische oder magnetische Felder erzeugen und seine Umwelt beeinflussen. Dieser Fall ist in Bild 2a und 2b dargestellt. Von den Leitungssystemen im IC kann, wenn funktionsbedingt eine innere Spannung ansteht ein elektrisches Feld ausgehen. Dieses Feld wird zum Teil vom Septum aufgenommen und weitergeleitet. Ein Strom im IC erzeugt ein Magnetfeld. Nur die Feldlinien die das Septum umfassen werden darin eine Spannung induzieren. Die Spannung wird ebenfalls über die Zuleitung zum Spektrumanalysator weitergeleitet.
Als erstes lässt sich in einfachster Weise Überprüfen, inwieweit HF reflexionsfrei durch die Messkammer geleitet wird. Auf einer Seite der Kammer wird mit dem Trackinggenerator des Spektrumanalysators eingespeist auf der anderen Seite wird mit dem Spektrumanalysator gemessen. Es befindet sich dann kein Prüfling in der Messkammer. Die Ergebnisse sind für beide Messkammern in Bild 3 dargestellt. Die FCC-TEM-JM3 zeigt in Ihrem Arbeitsbereich 0…2 GHz ab 1,875 GHz Unstetigkeiten. Die IC-Streifenleitung µSAL 80A zeigt im Bereich 0…3 GHz keine Unstetigkeiten (Arbeitsbereich 0…4 GHz).
Das sagt aber noch nicht aus, wie der IC in der Messkammer HF auf das Septum überträgt. Um diese Eigenschaft zu ermitteln wird anstelle des IC eine entsprechend kleine Streifenleitung angeordnet Bild 4. Es wurde eine 8 mm lange 1,0 mm hohe Streifenleitung verwendet. Der Trackinggenerator speist über die Frequenz einen konstanten Strom in die Streifenleitung. Die im Bild 2b hellblau hinterlegten Magnetfeldlinien umfassen das Septum und induzieren eine Messspannung uInd = ω L iTG. Die Spannung steigt mit ω linear an.
Das Elektrische Feld Bild 2a der 8 mm Streifenleitung koppelt über die Kapazität CK den Strom i = ω CK uTG in das Septum. Am Abschlusswiderstand wird er in eine Messspannung gewandelt. Die Spannung steigt ebenfalls mit ω linear an. Im Diagramm mit logarithmischer Teilung folgen die Messspannungen einer logarithmischen Funktion.
Die gemessene Übertragungsfunktion ist im Bild 5 dargestellt. Die IC Streifenleitung µSL 80A folgt der logarithmischen Funktion. Die FCC-TEM-JM3 folgt bis 1 GHz der logarithmischen Funktion. Ab 1,08 GHz ist die Übertragungsfunktion von Unstetigkeiten durchsetzt.
Wenn die 8 mm Streifenleitung in Richtung Septum orientiert ist (0° und 180°), wird magnetisches und elektrisches Feld gemeinsam gemessen. Quer zum Septum orientiert (90°), wird nur das elektrische Feld gemessen. Die IC-Streifenleitung liefert deutlich höhere Messspannungen.
Die physikalischen Größen, die die Wirkung vermitteln sind das magnetische und elektrische Feld. Die oben durchgeführte Messung mit der 8 mm Streifenleitung beschreibt diesen elementaren Wirkungsweg nicht. Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion der Felder werden die Felder am Ort des IC gemessen. Die Speisung der Messkammer und des Septums erfolgt über die Zuleitung vom Trackinggenerator des Spektrumanalysators. Anstelle der 8 mm Streifenleitung ist ein Feldmesser angeordnet. Die Stärke der Felder ist unabhängig von der Frequenz. Das Magnetfeld folgt B = L’ iTG (L‘ Induktivitätsbelag) das elektrische Feld E = uTG /h (h: Abstand das Septums). Mit uTG und iTG = konstant entstehen im Diagramm waagerechte Kurvenverläufe.
Für die magnetische Flußdichte liefert die µSL 80A wie erwartet einen fast waagerechten Kurvenverlauf Bild 6a. Die Abweichungen liegen im Fehlerbereich des Meßsystems. Bei Speisung mit 107 dBµV entsteht im IC-Bereich eine Flußdichte von konstant ca. -14 dBµT. Die FCC-TEM-JM3 Bild 6b liefert ca. -31 dBµT. Ab ca. 1 GHz entstehen Unstetigkeiten im Feldverlauf. Eine außergewöhnliche Magnetfeld Unstetigkeit entsteht bei > 1GHz, 90° (Bild 6b). Bei der 90° Orientierung sollte eigentlich nur elektrisches Feld im IC-Bereich entstehen, es wird aber unerwartet Magnetfeld gemessen.
Die Messung der Übertragungsfunktion der elektrischen Feldstärke im IC-Bereich zeigt Bild 7. Die µSL 80A liefert im Messtoleranzbereich wie erwartet, einen waagerechten Verlauf. Die Feldstärke erreicht bei Speisung des Septums mit 107 dBµV einen Wert von 110 dBµV/cm (folgt aus Abstand 0,8 cm). Die FCC-TEM-JM3 liefert bis 1 GHz einen waagerechten Verlauf mit ca. 94 dBµV/cm (Abstand 4,4 cm). Oberhalb 1 GHz entstehen Unstetigkeiten.
Aus den Messkurven wurden die Kapazitäts- und Induktivitätsbeläge (C‘, L‘) ermittelt Bild 8. Diese Beläge sind die EMV-Kenngrößen der Messkammern. Die µSL 80A besitzt für elektrische und magnetische Felder im Bereich 0…3 GHz konstante Feld Übertragungsfunktionen. Sie enthält vorteilhafte Verbesserungen wie Erhöhung der Wirkung und nutzbare Erweiterung des Frequenzbereichs. Inwieweit die < 8mm Annäherung des IC an das Septum Rückwirkungen zeigt ist hier nicht untersucht. Die FCC-TEM-JM3 hat einen Arbeitsbereich von 0…2 GHz. Bis 1 GHz sind die Übertragungsfunktionen konstant, darüber hinaus besitzen sie Unstetigkeiten. IC-Messungen über 1 GHz können mit der IC-Streifenleitung fehlerfrei ausgeführt werden.
Autoren: Dipl. Ing. Gunter Langer, Dipl. Ing. Lars Gläßer
erschienen in Elektronikpraxis, 2013