Die Anzahl der mobilen Geräte wie Smartphones, Tablets und Wearables ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Gleichzeitig hat durch höhere Datenraten die drahtlose Kommunikation deutlich zugenommen. Wird es durch immer mehr Wireless-Geräte zu vermehrten EMV-Problemen kommen? Ist die heutige Industrie den EMV-Anforderungen, die mit dem Internet der Dinge auf uns zukommen, gewachsen?
Wenn mehr Geräte miteinander funktionieren müssen und die EMV-Qualität der Geräte auf dem heutigen Stand bleibt, werden statistisch gesehen auch mehr EMV-Probleme auftreten. Darüber hinaus kann ein Gerät trotz bestandener EMV-Prüfung in der Praxis unverträglich reagieren. Zum Beispiel besteht ein elektronisches Gerät die Störaussendungsprüfung (IEC 61000-6-3, IEC 61000-6-4). In der Praxis kann im Gegensatz zur Prüfung das elektronische Gerät an ein metallisches Objekt wie ein Gehäuse gelegt werden. Dadurch kann eine Feldkopplung entstehen. Die Feldkopplung führt zur Erhöhung der Störaussendung gegenüber dem geprüften Fall. Dabei ist es wesentlich, welche Abmessungen das metallische Objekt hat. Durch die Feldanregung können stehende Wellen entstehen, die auf die Abmessun-gen des metallischen Objekts passen. Die stehenden Wellen erzeugen zusätzliche Störaussendung.
In der Zukunft wird also nicht nur die drahtlose Übertragung ein Problem sein, sondern auch die Störabstrahlung der Geräte.
Eine Verschärfung der bestehenden Normen für Geräte muss nicht unbedingt zum Ziel führen.
An dem oben genannten Beispiel kann man erkennen, dass der Wirkmechanismus der Feldkopplung in der jetzigen Prüfung nach Norm meist nicht erfasst wird. Auf die Wirkmechanismen der Feldkopplung aufbauend kann man sich überlegen, wie man das Problem löst.
Es ist abzuwarten, ob die momentanen Messprinzipien der Normen ausreichend sind oder neue Messprinzipien entwickelt werden müssen.
Darüber hinaus zeichnen sich im Bereich der EMV-Normen für ICs (IEC 61967 und IEC 62132) neue Anforderungen ab. In Zukunft benötigen EMV-Entwicklungstools/Simulationsprogramme für Flachbaugruppen konkrete EMV-Parameter von ICs als Eingabewerte. Es ist sinnvoll diese EMV-Parameter als Messergebnis der Messungen nach IC-EMV Norm zu gewinnen. Momentan sind die Messergebnisse von Normmessungen für derartige Vorhaben nicht ausreichend verwendbar.
Des Weiteren wird dieses Vorgehen für die IC-Entwicklung Bedeutung erlangen.
Aus diesen Gründen sollte man darüber nachdenken, inwieweit man die Prüfmethoden der Normmessung an eine solche Aufgabe anpasst. Im Folgenden wird dies am Beispiel der leitungsgebundenen Störaussendung für ICs dargestellt.
Die heutigen Entstörstrategien in der Elektronikentwicklung stoßen an ihre Leistungsgrenzen. ICs als potentielle Quellen von Störaussendung machen sich erst nach dem Aufbau des ersten Entwicklungsmusters bemerkbar. Der Entwickler findet sie bei der Entstörung des Gerätes / der Flachbaugruppe. Mit Nahfeldsonden wird nach HF-Quellen in der Elektronik gesucht. Meist wird der IC als Störquelle nicht selbst entdeckt, sondern die von ihm mit Störstrom und Störspannung gespeisten Leitungsnetze. Die Elektronik wird dann mit zusätzlichen Bauteilen, Kupferfolie oder anderen Mitteln modifiziert. Schließlich soll nach dem Redesign der Flachbaugruppe mit einer EMV-Messung die erfolgreiche Entstörung bestätigt werden.
Diese Vorgehensweise ist sehr langwierig und teuer. Ein großes Problem ist, dass erst nach Fertigstellung des ersten funktionstüchtigen Entwicklungsmusters die EMV-Arbeit zielführend begonnen werden kann. Weichenstellende Erkenntnisse zur EMV des Gerätes werden zu spät gewonnen. Wichtige Entscheidungen im Entwicklungsprozess werden ohne Einbeziehung der EMV-Prüferkenntnisse gefällt. Durch die relativ spät gewonnenen EMV-Prüferkenntnisse sind Probleme bei der Geräteentwicklung vorprogrammiert.
Die Industrie verlangt aber nach schnelleren und effizienteren EMV-gerechten Entwicklungen. Diese können nur erreicht werden, wenn generell ein neuer Weg beschritten wird. Dieser Weg muss weit vorn im Entwicklungsprozess beginnen und tief in die Wirkungsketten der Störaussendung eingreifen. Dafür ist verwendbares Wissen über die Störquellen erforderlich. Wenn man ICs als potentielle Störquellen genauer beschreiben kann, können entsprechende Maßnahmen für eine stabile EMV des gesamten Gerätes zeitiger und effizienter eingesetzt werden.
Notwendig sind geeignete EMV-Parameter für ICs. An diese Parameter sind hohe Anforderungen gestellt. Sie müssen die „EMV-Problembereiche“ der ICs für die Industriepraxis beschreiben, d.h. sie müssen sich für eine EMV-gerechte Flachbaugruppenentwicklung eignen. Weiterhin müssen an die IC-EMV-Parameter für die Praxis Maßnahmen und Verfahrensstrategien gekoppelt sein.
Diese Arbeitsweise sollte die heutige EMV-Elektronikentwicklung bestimmen. Heute wird im Bereich der Geräteentwicklung bedingt durch die Miniaturisierung eine höhere Empfindlichkeit der Geräte festgestellt. Die Gerätehersteller gehen mit immer größerem Aufwand gegen die Probleme vor, um die Geräte zu entstören und die entsprechenden Normen einzuhalten. Für die Gerätehersteller sind die aktuellen Normen verbindlich.
Die im obigen Beispiel dargestellte Problematik verschärft die Situation zusätzlich. Besonders für das Internet der Dinge ist es Voraussetzung, dass die Geräte in ihrem Umfeld normal und zuverlässig arbeiten.
Inwieweit die Gerätehersteller die durch die Miniaturisierung entstehende Verschärfung der EMV-Situation weiterhin beherrschen und mit steigendem Aufwand die Geräte entstören können, ist abzuwarten. Die EMV-Entwicklung wird einen immer höheren Kostenanteil bei der Geräteentwicklung ausmachen. Vor allem bei Geräten im niedrigen Preissegment ist es in Zukunft fraglich, ob weltweit die nötigen EMV-Ziele überhaupt eingehalten werden können. Dieses Problem wiederum kann damit entschärft werden, dass in Zukunft im Bereich der IC-Forschung und IC-Entwicklung bessere EMV-Parameter erreicht werden. Das bedeutet, dass auch hier mehr Aufwand nötig ist. Das betrifft natürlich die Wireless-Geräte. Die deutsche Industrie reagiert bereits auf diese verschärfte Situation.
Das zeigt sich daran, dass schon heute Unternehmen die EMV-Entwicklung zum Beginn der Entwicklung von Geräten und komplexen Systemen durch neue EMV-Technologien in Zusammenarbeit mit EMV-Fachberatern lösen.
Hauptteil
ICs erzeugen auf Grund ihrer funktionsbedingten inneren Schaltvorgänge HF-Spannungen, HF-Ströme und HF-Felder. Diese gelangen über verschiedene Wirkmechanismen als Störaussendung in Kabelbäume oder als Störstrahlung in den Raum. Folgende Wirkungen der ICs sind möglich:
- Leitungsgebunden: HF-Strom- und -Spannungsabgabe über die IC Pins in die Leitungsnetze der Flachbaugruppe,
- Nahfeldgebunden: E- und H-Nahfeldabgabe der ICs aus dem Die oder den IC-Anschlüssen,
- Strahlungsgebunden: Direktaussendung von elektromagnetischen Wellen. Die Direktaussendung spielt in der Praxis meist nur im Gigaherzbereich bei ICs mit sehr hohen Taktraten eine Rolle.
Im folgenden Abschnitt werden Punkt 1 und 2: Leitungs- und Nahfeldgebundene Wirkung in der Flachbaugruppe beschrieben.
Für die Störaussendung gibt es einen geschlossenen Wirkungsweg. Im IC-Inneren sitzen die treibenden HF-Strom- und -Spannungsquellen. Diese treiben HF über Bonddraht, Leadframe und Pin in das Leitungsnetz der Flachbaugruppe. Dort entstehen aus Strom magnetisches Nahfeld und aus Spannung elektrisches Nahfeld. Wenn ein Leiterzug des Leitungsnetzes frei im Raum stehen würde, bilden sich die elektrischen und magnetischen Nahfelder ungestört aus. Die Felder sind ähnlich den E- und H-Feldern einer Antenne ausgebildet. Über das Antennenelement, den Antennenstrom und der Antennenspannung ist das elektrische Feld mit dem magnetischen Feld fest verkoppelt. Dieser Feldaufbau führt zur Ablösung elektromagnetischer Wellen. Der Leiterzug wirkt als Sendeantenne.
Auf der Baugruppe herrscht jedoch meist eine andere Situation vor. In der Baugruppe befinden sich Metallflächen. Diese Metallflächen erstrecken sich meist über die gesamte Baugruppe und besitzen Masse- oder Versorgungsspannungspotenzial. Diese Metallflächen liegen meist im Abstand < 1 mm zum Leitungsnetz (Leiterzug). Diese Masseflächen wirken auf die Ausbreitung des elektromagnetischen Feldes des Leiterzugs. Die Wirkung lässt sich am besten am Beispiel einer Loopantenne beschreiben. Wenn eine Loopantenne frei im Raum steht, kann sie elektromagnetische Strahlung aussenden. Wenn die Loopantenne auf eine Massefläche gelegt wird, verhindert diese Massefläche das Aussenden von elektromagnetischer Strahlung. Das hat seine Ursache darin, dass entsprechend leitfähige Metallflächen durch Strom-/Feldverdrängungseffekte (Skin-Effekt) das Magnetfeld in der Öffnung der Schleife absperren. Das Magnetfeld der Loopantenne kann sich nicht mehr um die Schleife ausbilden. Das Antennenmagnetfeld ist praktisch kaum noch vorhanden. Damit wird die Abstrahlung von der Loopantenne erheblich reduziert (Bild 2).
Genauso reagiert auch der Leiterzug auf der Flachbaugruppe. Sobald ausreichend große Masseflächen in der Baugruppe vorhanden sind, wird die Direktaussendung des Leiterzugs verhindert. Erst wenn der Leiterzug einen bestimmten Abstand von dieser Massefläche hat, wird sich seine Aussendung verstärken. Der erforderliche Abstand hängt von der Länge des Leiterzugs ab. Praktische Erfahrung zeigen, dass bei Leitungslängen von > 10 cm Abstände von > 0,5 cm für eine wirksame Aussendung erforderlich sind (Frequenzbereich < 1 GHz).
Das bedeutet, dass andere Wirkungswege die Störaussendung von Baugruppen bewirken. Die Wirkungskette erfolgt über die Nahfelder der Baugruppe.
Diese Nahfelder führen über Wechselwirkung mit Metallteilen (Vdd/Vss-Flächen, große metallische Bauteile, Kabel und Leitungen, metallische Konstruktionsteile) zur Störaussendung.
Zusammenhang zwischen IC-Spannung und Störaussendung
Im folgenden Text beziehen wir uns auf den Leiterzug der Flachbaugruppe. Das Leitungsnetz im IC-Inneren gehorcht den gleichen Prinzipien. Die Überlegungen zum Leiterzug der Flachbaugruppe können auf die Leitungsnetze im IC-Inneren übertragen werden. Die am Leiterzug der Flachbaugruppe oder am inneren Leitungsnetz des ICs anliegende Spannung des ICs baut um den Leiterzug ein elektrisches Feld auf (Bild 1). Die meisten Feldlinien führen auf die GND-Fläche der Baugruppe, wenige Feldlinien treten nach oben senkrecht aus und dringen in den Raum vor. Je weiter der Leiterzug am Rand des GND-Systems liegt, desto mehr Feldlinien treten in den Raum aus.
Die austretenden Feldlinien (Erregerfeldlinien) verlassen das GND-System der Baugruppe und tragen Verschiebestrom in den Raum, der das gesamte Metallsystem (Flachbaugruppe mit Kabeln und metallischen Konstruktionsteilen) zum Schwingen anregt (Bild 3).
Die auf dem Metallsystem stehenden Wellen können zur Störaussendung führen.
Der Flachbaugruppe gegenüberliegende Metallteile (Kabel, Konstruktionsteile, Schirmplatten, Bild 4) können vom elektrischen Erregerfeld erreicht und durch den übertragenen Verschiebestrom erregt werden.
Zusammenhang zwischen IC-Strom und Störaussendung
Die Stromschleifen des ICs können sich einmal im Inneren auf dem Die befinden. Zum anderen können Schleifen durch die Pins des ICs gebildet werden. Diese Schleifen laufen über das Groundsystem der Flachbaugruppe, Pin, Leadframe, Bonddraht und den Die. Derartige Schleifen können z.B. über Vdd oder Vss Pins gebildet werden. Die nach außen führenden Vdd / Vss Schleifen können wesentlich größer sein als die im Inneren des Dies befindlichen Schleifen. Die größeren äußeren Schleifen können mehr Magnetfeld erzeugen und bewirken meist die höchste Störaussendung.
Im folgenden Text beziehen wir uns auf den Leiterzug der Flachbaugruppe. Das Leitungsnetz im IC-Inneren gehorcht den gleichen Prinzipien.
Die Überlegungen zum Leiterzug der Flachbaugruppe können auf die Leitungsnetze im IC-Inneren übertragen werden.
Der in den Leiterzug der Flachbaugruppe einfließende Pinstrom baut ein magnetisches Feld H2 (Bild 5) auf. Ebenso erzeugt der Rückstrom im GND ein Magnetfeld H1 (Bild 6). Dabei wird vorausgesetzt, dass das Ground der Flachbaugruppe eine metallische Fläche ist, die sich über die gesamte Flachbaugruppe erstreckt. Der Leiterzug liegt so dicht auf dem Ground auf, dass er wie bei obigen Beispiel mit der Loopantenne meist nur unbedeutende Aussendungsanteile erzeugen kann. Das Feld H1 des Rückstromes induziert im GND der Flachbaugruppe (metallische Fläche) eine Selbstinduktionsspannung UErr. Diese Spannung treibt angeschlossene Kabel und Konstruktionsteile wie eine Antenne an. Die Kabel und Konstruktionsteile senden elektromagnetische Wellen aus.
Das Magnetfeld H2 (Bild 5) des Leiterzuges kann im freien Raum keine Aussendung erzeugen. Die Ursache ist, dass der Leiterzug ähnlich wie bei dem Beispiel mit der Loopantenne dicht auf der Groundfläche liegt und die Aussendung verhindert wird. Es gibt eine weitere Wirkungskette für die Erzeugung von Störabstrahlung durch das Magnetfeld H2. Das funktioniert ähnlich wie bei dem oben beschriebenen Feld H1. Dazu muss in das Feld H2 ein metallisches Teil eingebracht werden. Erst wenn das Magnetfeld ein Metallteil umfasst, wird in ihm durch Gegeninduktion eine Erregerspannung induziert. Die Erregerspannung erregt das Metallteil als Antenne. Das Metallteil sendet elektromagnetische Wellen aus. Als Beispiel dient eine der Flachbaugruppe benachbarte Lenksäule im Fahrzeug, eine vorbeiführende Metallstrebe oder ein Kabel.
EMV-Parameter für IC-Pins
Der IC-Pinstrom und die IC-Pinspannung sind die pinbezogenen EMV-Parameter des ICs. Das elektrische Nahfeld und das magnetische Nahfeld des ICs sind die feldbezogenen EMV-Parameter des ICs. Alle vier Größen (u, i, E, H) des ICs müssen durch geeignete Messeinrichtungen erfasst werden.
Das elektrische Nahfeld der Leiterzüge der Flachbaugruppe ist proportional der Pinspannung, das magnetische Nahfeld der Leiterschleifen der Flachbaugruppe ist proportional dem Pinstrom des ICs. Pinstrom und Pinspannung sind abhängig von der Belastung des Pins durch den an ihn angeschlossenen Leiterzug der Flachbaugruppe.
Für die IC-Parameter sind die Werte der Fälle zu verwenden, bei denen die höchste Pinspannung und der höchste Pinstrom erzeugt werden.
Strom und Spannung der Leiterzüge sind abhängig von der treibenden Spannung im IC und von der Impedanz der Last am Leitungsnetz der Baugruppe.
Der maximal mögliche Pinstrom wird beim Betreiben des Pins im Kurzschluss gemessen. Die maximal mögliche Pinspannung wird beim Betreiben des Pins im lastlosen Zustand (Leerlauf) gemessen. Damit sind die maximal möglichen Werte ermittelt und alle Werte aus dem Praxisbetrieb (ermittelt durch eine Vielzahl an Messungen an unterschiedlichen PCBs) sind gleich oder kleiner.
Im Spezialfall kann im Leitungsnetz Leerlauf vorliegen, dann sind die Spannung und damit das elektrische Nahfeld am höchsten. Die potentielle Erregung der Aussendung ist dann am größten.
Der beschreibende EMV-Parameter für den IC ist seine Leelaufspannung Ul(f).
Das magnetische Nahfeld ist proportional dem Strom im Leiterzug. Der Strom ist abhängig von der treibenden Spannung des ICs und von der Last der Leitung. Im Spezialfall kann Kurzschluss vorliegen. Dann sind der Strom, das Magnetfeld und damit die Aussendung am größten.
Der beschreibende EMV-Parameter für den IC ist sein Kurzschlussstrom Ik(f).
Die maximalen Werte (Ul(f), Ik(f)) für Pinstrom und Pinspannung entstehen bei Pin-Kurzschluss oder bei Pin-Leerlauf. In diesen Fällen wird über die oben genannten Koppelmechanismen die höchste Störaussendung generiert.
Daraus folgt, dass jeder Pin eines ICs seinen eigenen EMV-Parameter für die leitungsgebundene Störaussendung hat. Die EMV-Parameter eines IC-Pins sind seine Leerlaufspannung und sein Kurzschlussstrom.
Die Leerlaufspannungen und Kurzschlussströme können für alle Pins des ICs durch leerlauf- und kurzschlussnahe Messungen erfasst werden. Zwei Spektren für jeden Pin ergeben für einen 64-Pin IC bereits 128 Spektren. Weiterhin kann der Pin unterschiedliche Schaltzustande einnehmen (Eingang, Ausgang H, L, und hochohmig). Die interne Funktion kann ebenfalls unterschiedliche Zustände einnehmen (Clk-PLL aus/ein).
Der Strom in den Stromversorgungspins wird mit der 1 Ohm-Methode gemessen. Wenn der Widerstand von 1 Ohm zu groß ist, wird ein 0,1 Ohm Messwiderstand verwendet. Diese Messung kann sowohl im Vdd als auch im Vss erfolgen. An Oszillatorpins kann mit einer entsprechend hochohmigen Probe und einem Entkoppelkondensator die HF-Leerlaufspannung gemessen werden. Der Entkoppelkondensator kann der Filterkondensator des Oszillators sein.
Große Datenmengen können entstehen, die sich schwer überblicken lassen. Eine übersichtliche Darstellung der Ergebnisse erfolgt in 3D (Bild 8). Durch einen speziell entwickelten Messplatz mit einer entsprechenden Software (ChipScan-ESA) lassen sich die Pinspektren halbautomatisch erfassen. Die Visualisierung erfolgt in 3D, die für ausgewählte Pins auf eine 2D Darstellungen umgeschaltet werden kann (Bild 12).
Verwendung der IC-Parameter
Aus den 3D Spektren lassen sich leicht die Problempins für praktische Anwendungen erkennen. Leerlaufspannungen im Bereich 80 dBµV können bereits über Leiterzuglängen von ca. 10 mm grenzwertüberschreitende Störaussendung anregen (besonders problematisch im Automobil). Der kritische Frequenzbereich wird aus dem 3D – 2D Spektrum abgelesen. In Abbildung 12 sichtbar am Oszillator-Pin 15. Der kritische Frequenzbereich erstreckt sich bis 600 MHz. Auf Basis der EMV-Parameter der IC-Pins können Layout und Konstruktion rechtzeitig und kostensparend in die entsprechende Richtung gelenkt werden. Es wird ICs geben, bei denen einzelne Pins hohe Werte für die leitungsgebundenen EMV-Parameter der Störaussendung aufweisen. Diese Werte liefern die Anleitung zur verträglichen Verwendung des ICs auf der Flachbaugruppe. Damit sind diese ICs trotzdem für eine Entwicklung zu verwenden. Für IC-Anwender ist eine Bestimmung der EMV IC Parameter vor einer Baugruppenentwicklung sinnvoll.
Wenn ICs ohne dieses Wissen verbaut werden (wie im Allgemeinen heute noch üblich), kann erst nachdem das erste Entwicklungsmuster ausgemessen wurde, das Problem überhaupt entdeckt werden. Hoher Entstöraufwand entsteht (Layoutänderungen, Konstruktionsänderungen).
Mit den IC-EMV-Parametern lassen sich zwei neue Arbeitsmittel für die Elektronikentwicklung erzeugen:
- Pin bezogene Leerlaufspannungs- und Kurzschlußstromspektren (3D/2D)
- Layout und Konstruktionshinweise gekoppelt an die EMV-Parameter der IC-Pins
Die Konstruktionshinweise (Gegenmaßnahmen) sind für den EMV-Fachmann aus den Pinspektren, den Wirkzusammenhängen (Punkt 1 und 2) und dem Charakter der speziellen Anwendung ableitbar. Für die Praxis ist es besser, sie als Information den Pins zuzuordnen. Die EMV-Parameter der IC-Pins Ul(f), Ik(f) lassen sich frequenzabhängig in Pegelbereiche mit unterschiedlichem Gefahrenpotential einteilen. Je nach Gefahrenpotential wird eine bestimmte Barriere an konstruktiven Maßnahmen benötigt. Diese Strategie wird das Fundament der EMV-Arbeit der nächste Jahre bilden.
Beispiele für pinselektive Gegenmaßnahmen zur Leerlaufspannung:
Die statisch stehenden Portpins 16 bis 35 (Bild 8) zeigen hohe Leerlaufspannungen. Wenn viele Portleiterzüge angeschlossen werden, führt das zur Störaussendung über das elektrische Feld. Zur Abhilfe sollten die Leiterzüge gut mit GND umschlossen sein und nicht am Baugruppenrand liegen.
Beispiele für pinselektive Gegenmaßnahmen zum Kurzschlussstrom
Die Portpins 16 bis 35 liefern auch relativ hohe Kurzschlusswerte (Bild 9). Entfernt liegende Filterkondensatoren . können kritische Stromschleifen erzeugen. Zur Abhilfe sollten die Filterkondensatoren in die Nähe des ICs gelegt werden oder Serienwiderstände eingefügt werden.
Die Versorgung Pin 12, 13 liefert im unteren Frequenzbereich (< 100 MHz) und Pin 50, 51, 52 im mittleren Frequenzbereich (um 500 MHz) hohe Werte. Als Gegenmaßnahme kann für niedrige Stromaufnahmen die über den Stützkondensator führende Stromschleife mit einem Widerstand (< 10 Ohm) oder einem Chipferrit bedämpft werden. Die Abblockkondensatoren und der IC sollten nicht zu weit am Baugruppenrand liegen (> 20 mm). Der IC sollte so platziert werden, dass die Orientierung der IC-Stromschleife orthogonal zur längsten Achse der Baugruppe liegt. Das gilt besonders für Baugruppen, die nicht breiter als 50 mm sind. Die Orientierung der IC-Stromschleifen können mit Feldsonden für HF-Feldmessung an ICs ausgemessen und als IC-EMV-Feldparameter zur Verfügung gestellt werden.
Meßsysteme für IC-EMV-Parameter von IC-Pins
In Bild 10 ist die Messanordnung zur Pinstrom- und Pinspannungsmessung dargestellt.
Der Test-IC (DUT) ist auf eine Testleiterkarte aufgebracht, die in eine Groundplane eingebettet ist. Es entsteht eine durchgehende GND-Fläche. Das ist die Voraussetzung für Messungen bis in den GHz Bereich.
Auf die Groundplane wird eine Messprobe (für Spannung oder Strom) aufgesetzt deren Messspitze jeden einzelnen Pin kontaktieren kann. Der Messpfad (IC - Pinkontakt - Probe) ist nur wenige mm lang, so dass elektrisch kurz gemessen werden kann. Die Versorgung und Steuerung des ICs erfolgt über Filter vom Connection Board (Bild 10). Das Connection Board ist in die Groundplane eingesetzt.
Praxisbeispiel
Die Ergebnisse einer Messung von Fahrzeugkomponenten sind in Bild 11 zusammengefasst. Bei 120 MHz kommt es auf Grund einer E-Feldanregung zur Grenzwertüberschreitung von 24 dB. Dieses Problem wurde erst bei der Prüfung eines Entwicklungsmusters entdeckt. Die Ursache wird durch die Messung des IC-EMV Parameters Leelaufspannung Ul(f) der IC-Pins geklärt.
An den IC-Pins für den Quarz konnten außergewöhnlich hohe Spannungen (ca. 80 dBµV bei 120 MHz) im 40 MHz Raster festgestellt werden (in Abbildung 12 schwarz dargestellt).
Alle an diese Pins angeschlossenen Leitungen und metallischen Teile geben elektrisches Feld ab wie oben unter Punkt 1 der Wirkmechanismen beschrieben ist. Das elektrische Feld ist außergewöhnlich hoch und erregt entsprechend die Baugruppe und den Kabelbaum.
Das heißt die Auskopplung des Feldes erfolgt über:
- Bonddraht und Leadframe der IC-Pins, die zum Quarz führen,
- 15 mm Leitung zum Quarz,
- Quarzgehäuse und der Quarzbeschaltung 3 x 0603 SMD-Bauteile.
Die Oberflächenreduktion dieser metallischen Teile bringt Abhilfe. Also Leitungsverkürzung und Einbettung in GND, Verwendung kleinerer Quarzgehäuse. Das ist in unserem Beispiel jedoch noch nicht ausreichend. Die Leerlaufspannung Ul(f) des Pins ist so hoch, dass bereits die Metallfläche von Bonddraht und Leadframe genügte, eine Grenzwertüberschreitung bei der Komponentenmessung zu bewirken. Die Verwendung von entsprechenden Filterkondensatoren zur Spannungsreduktion schließen sich am Quarz aus. Als letztes Mittel bleibt die Anwendung eines E-Feldschirmes direkt über dem IC. Die positiven Ergebnisse dieser Maßnahmen sind in Bild 13 dargestellt, die Grenzwerte wurden eingehalten.
Schon heute ist es möglich, die EMV-Eigenschaften von ICs zu ermitteln. Eine Übernahme der ermittelten Werte in Produktdatenblätter ist sinnvoll. Erforderliche EMV-Maßnahmen für die Flachbaugruppe können schon während dem Entwicklungsprozess eingeplant werden. Damit kann jeder IC prinzipiell verwendet werden.
Mit Hilfe der Prüfmethoden zur Ermittlung der IC-EMV-Parameter wird der IC-Hersteller in die Lage versetzt, die Entwicklung von ICs effizienter durchzuführen.
Besonders durch voranschreitende Miniaturisierung von Baugruppen und die immer größere Anzahl von elektronischen sehr komplexen Geräten ist die EMV-Bewertung von ICs eine unerlässliche Voraussetzung für die zukünftige Entwicklung von elektronischen Geräten.
Diese Verwendung von IC-EMV-Parametern wird sich auch positiv auf die Entwicklung des Internet der Dinge auswirken.